Martin Luther als Augustinermönch.
5
von Eiern, Butter, Brot u. s. w. dem Kloster nützlich zu werden suchen. Sein Gemüth befand sich in einer gar unglücklichen Stimmung. Er machte sich wegen jedes weltlichen Gedankens die aller-heftigsten Vorwürfe, und glaubte immer, den Vorschriften Gottes kein Genüge zu leisten, so streng er auch die Klostergelübde beobachtete. Dabei kasteiete er seinen Körper so ab, daß er nur ganz wenig aß und trank, ja manchen Tag nichts als ein wenig Brot und einen magern Hering zu sich nahm. Wie aber Gott denen, die ihn mit redlichem Herzen suchen, sich nicht nnbezengt läßt, so ließ er ihn gutgesinnte Leute finden, die ihm Trost und Muth einsprachen, wenn er vor Angst vergehen wollte. So lebte in demselben Kloster ein alter ehrwürdiger Bruder, dem er manchmal seine Gewissensangst beichtete. Der wies ihn aber vornehmlich aus das Hauptgrundstück des Glaubens hin, wo es heißt: „Ich glaube eine Vergebung der Sünden." Dieser Zuspruch machte einen tiefen, wundersamen Eindruck auf sein gequältes Gemüth, einen Eindruck, den nichts wieder verwischen konnte. Eben so sprach ihm der Vorgesetzte seines Ordens, der ehrwürdige Johannes von Staupitz, Trost ein. Dieser echtchristliche Mann, Professor an der Universität in Wittenberg, zeichnete den frommen Luther bald vor allen andern Mönchen aus und suchte ihn aufzurichten. „Du willst mit Gewalt ein Sünder sein," sagte er einst, „und hast doch keine rechte Sünde. Soll Christus dir helfen, so mußt du nicht mit solchem Humpelwerk und Puppensünden umgehen und aus jedem Gedanken gleich eine Sünde machen." Dergleichen Zuspruch half wenigstens auf eine Zeit; dann und wann hatte er aber doch wieder recht trübe Stunden. So schloß er sich einmal mehrere Tage lang in seine Zelle ein, aß und trank nicht und versank ganz in tiefe Melancholie, so daß er nichts von dem merkte, was um ihn her vorging. Die Mönche dachten endlich, wie er gar nicht mehr zum Vorschein kam, es sei ihm ein Unglück begegnet, schlugen die Thüre ein, fanden ihn ohnmächtig am Boden liegen und brachten ihn nur durch Töne der Musik wieder zur Besinnung.
Im Jahre 1502 hatte der Kurfürst von Sachsen, Friedrich der Weise, in seiner Residenz Wittenberg eine Universität gestiftet. Hierzu fehlte noch ein tüchtiger Lehrer der Theologie und Philosophie, und er gab Stanpitzen den Auftrag, ihm jemanden dazu vorzuschlagen. Da fiel diesem gleich Luther ein. Aber als er dem schwermüthigen Mönche den Vorschlag machte, wollte dieser
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72
Neue Geschichte. 1. Periode. Schweiz.
Jesu thätig zu wirken, so bot ihm der Papst (Hadrian) hohe geistliche Ehrenstellen an, in der Hoffnung, ihn dadurch zum Schweigen zu bringen. Aber Zwingli achtete den Beifall Gottes und den Schatz im Himmel für höher als menschliche Ehre und lehnte alle Anträge ab. Der Rath von Zürich berief darauf alle Geistliche, die Zwiugli's Lehre glaubten widerlegen zu können, nach dieser Stadt, und obgleich über 600 zusammenkamen, so ging er doch siegreich aus der Disputation hinweg. Nun gab er sein Glaubensbekenntniß von der wahren und der falschen Religion heraus und äußerte sich darin fast ganz auf dieselbe Weise wie Luther. „Nur die Bibel," sagte er, „muß über unsern Glauben und unser Thun entscheiden; alle menschliche Zusätze sind verwerflich, und eher wird es um uns nicht gut stehen, bis wir zu der Einfachheit der christlichen Kirche, wie sie in der ersten Zeit nach Christus Weggang war, zurückkehren." Nur in einigen wenigen unwesentlichen Stücken wich er von Luther ab, besonders in der Lehre vom Abendmahl, indem er lehrte, daß bei dem Tische des Herrn Brot und Wein als Erinnerungszeichen an Jesus genossen würde; denn die-Worte: „das ist mein Leib!" hießen nichts anderes als: „das bedeutet meinen Leib!" und behaupten zu wollen, man genieße wirklich den Leib und das Blut Jesu, sei ja gegen alle Vernunft. Luther aber war anderer Meinung und behauptete, man müsse sich an den Buchstaben der heiligen Schrift halten und nicht an dem Worte Jesu klügeln. Dieser habe einmal gesagt: „das ist mein Leib!" und dabei müsse es bleiben. Wie das zugehe, daß das Brot Jesu Leib werde, wüßten wir freilich nicht anzugeben; aber darüber müßten wir auch nicht forschen; Gottes Wort sage es nun einmal und darum müßten wir es glauben. Philipp von Hessen gab sich Mühe, beide Männer zu vereinigen, und veranstaltete deshalb ein Religionsgespräch in Marburg (1529), zu welchem sich außer Luther und Zwingli auch der edle Melauchthon einfand. Luther behandelte seinen Gegner liebevoll und freundlich, vereinigte sich auch mit ihm über die Hauptlehren des Christenthums; nur was die Abendmahlslehre betrifft, blieb jeder bei seiner Meinung; aber sie schieden mit dem Versprechen, sich dennoch christlich zu lieben.
Zwei Jahre darauf brach der Haß zwischen den katholischen Cantons der Schweiz und dem evangelisch gesinnten Zürich in einen erbitterten Krieg aus, und Zwingli erhielt vom züricher Rathe den Ruf, als Prediger das Banner zu begleiten. Vor
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Extrahierte Personennamen: Zwingli Christus Luther Philipp_von_Hessen Philipp Zwingli
Extrahierte Ortsnamen: Jesu Gottes Gottes Marburg Schweiz
458
Neueste Geschichte. 3. Periode.
bereit; auch an der russisch-türkischen Grenze in Asien sollte der Kampf beginnen.
Die Türkei hatte, die Unvermeidlichst des Krieges voraussehend, alle ihre Streitkräfte aufgeboten, um ihre Existenz in Europa mannhaft zu vertheidigen. Der Krieg erhielt hier den Charakter eines Kampfes für die Religion; der Sultan erhob die heilige Fahne des Propheten und nahm den Titel Gazis d. H. Glanbens-kümpfer an; der Scherif in der jedem Mnhamedaner ehrwürdigen Stadt Mekka erklärte den Kampf gegen Rußland als ein Gebot der Religion. Von den tunesischen bis zu den arabischen Grenzen der Wüste, vom Nillande bis zum Euphrat und Tigris hin eilten die Bekenner des Halbmonds unter die an der Donau sich sammelnden Schaaren.
Wir beschränken uns auf einen den Verlauf der Kriegsereignisse andeutenden Ueberblick. Es Lann auch hier nicht Aufgabe dieser Erzählung sein, bei den erhebenden wie bei den erschütternden Vorfällen und Thaten dieses Krieges zu verweilen, so reich er auch an denkwürdigen Tagen und an dem Wechsel des Schlachten-Mcks war.
Am 24. April 1877 begannen die Russen ihre kriegerischen Bewegungen, indem sie den Pruth überschritten. Kaiser Alexander Ii. hatte am Tage zuvor au's User des Flusses sich begeben und in schweigendem Sinnen hinübergeblickt, ehe seine letzten Befehle den tückischen, wilden Dämon des Krieges entfesselten. Die großherzigen Bewegungsgründe, welche ihn zu diesem Kriege trieben, legte der Czar seinen Völkern und der staunenden Welt in einem Manifeste vor. Selten, außer den Kreuzzügen, hat die Geschichte ein kriegerisches Unternehmen mit so idealen, selbstlosen Zielen bezeichnet gesehen. Daß aber die politischen Ideale von den „Wirbeln der Zeitgewalt" erfaßt werden und nach der Erkenntniß der Täuschungen ermüdet am Ziele ankommen, das sollte Kaiser Alexander Ii. auch erfahren. Er reiste jetzt nach St. Petersburg zurück und begab sich erst im Juni zur Armee.
Rumänien hatte den Durchzug der russischen Heeresmassen und ihr erstes Verweilen zu überstehen. Dieses Land, bisher ein Vasallenstaat der Türkei, war entschlossen, dieses Verhältniß zu lösen. Es mußte dies in einem Augenblicke thun, wo es von Rußland, unter dessen vormuudschastlicher Protection es unleugbar gestanden hatte, gleichsam besetzt war. Die Lage war schwierig, aber Fürst Karl, vertrauend ans die Uebereinstimmung mit seinem
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Extrahierte Ortsnamen: Asien Europa Mekka Nillande Donau Petersburg
I
Zeittafel.
Älte Geschichte.
Erste Periode.
Menes gründet, das Reich von Memphis (um 3000). — Erbauung der drei großen Pyramiden. — Das Labyrinth. — Die Hyksos.
Die Inder am Indus und Ganges.
Babylon am Euphrat, Tempel des Bel. — Ninive am Tigris, Ninus und Semiramis.
Abraham, der Stammvater der Israeliten.
1350 Ramses Ii. (Sesostris) in Aegypten.
Moses, Gesetzgeber der Israeliten.
1200 Blüthe des phönicischen Handels, Sidon und Tyrus.
1184 Troja's Zerstörung.
1070 Saul, erster König von Israel. 1050 David. 1000 Salomo.
980 Theilung des Reiches: Juda und Israel.
880 Lykurg, Gesetzgeber in Sparta. — Die Phönicier gründen Karthago.
754 (753) Erbauung Roms. .
720 Zerstörung des Reiches Israel durch Salmanassar, K. von Assyrien. 650 Psammetich, König von Aegypten.
594 Solon, Gesetzgeber in Athen.
586 Eroberung Jerusalems durch Nebukadnezar, K. v. Babylon.
Zweite Periode.
560—529 Cyrus stiftet das große persische Reich. — Krösus, K.
von Lydien. — Eroberung Babylons.
525 Kambyses von Persien und Psammenit von Aegypten.
510 Vertreibung des letzten römischen Königs. Lucretia.
507 Porsenna, Horatius Cocles, Mucius Scävola und Elölia.
500 Darms Hystaspis, König von Persien (521 — 485).
490 Miltiades besiegt die Perser bei Marathon. — Menenius Agrippa. Coriolan.
480 Themistokles besiegt die Perser bei Salamis.
479 Schlachten bei Platäa und Mykale.
450 Appius Claudius und Virginia.
Weltgeschichte für Töchter. Iv. 16. Aufl. - 31
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Extrahierte Ortsnamen: Memphis Ninive Ninus Tyrus Israel Juda Israel Sparta Karthago Roms Assyrien Athen Babylons Persien Persien Salamis
Johannes Ronge.
189
die That ein Schritt der Privatrache wegen vermeintlicher Zurücksetzung war; Tschech büßte sein Verbrechen auf dem Blutgerüste. Im ganzen Lande gab sich bei Gelegenheit der wunderbaren Errettung des Königs das Gefühl der Liebe und Anhänglichkeit an den Fürsten auf rührende Weise kund; der König selbst aber sprach es laut aus, daß nichts sein Vertrauen zu seinem Volke erschüttern könne, am wenigsten eine solche That. Das Verhältniß zu seinem Volke bleibe das alte.
Bald aber sollten manche trübe Anzeichen dieses Verhältniß beeinträchtigen. Wiederum war es zuerst in Ostpreußen, von wo eine neue Aufregung ihren Ausgang nahm. Diesmal gaben die religiösen Angelegenheiten den Anlaß dazu. In dem Verhalten der Regierung in Sachen der Kirche und der Schule glaubte man eine Richtung zur -Beschränkung der Glaubens- und Denkfreiheit zu erkennen, und diese weit verbreitete Besorguiß diente im hohen Maße zur Aufregung des Volks. Bei Gelegenheit der Jubelfeier der Königsberger Universität, wozu der König selbst sich begeben hatte, wurden nun.selbst von hochgestellten Gelehrten heftige Reden gegen den Geist der Regierung gehalten. Die Bewegung, welche dort erzeugt wurde, theilte sich bald auch andern Provinzen mit, und erhielt vorzüglich Nahrung dürch wichtige Ereignisse, welche sich innerhalb der katholischen Kirche zutrugen.
In der Kathedrale zu Trier ließ der Bischof Aruoldi seit langer Zeit zum ersten Male wieder den angeblich wunderthätigen „ungenützten Rock" Jesu Christi, welcher unter andern Reliquien dort aufbewahrt wurde, ausstellen (1844). Tausende von Katholiken kamen in feierlichen Processionen herbei, um dem Rock ihre Verehrung darzubringen, und die katholischen Blätter brachten mancherlei Nachrichten von den daselbst geschehenen Wundern. Natürlich entstand darüber unter den Protestanten Deutschlands eine gewisse Aufregung. Da erschien plötzlich von einem entlassenen katholischen Kaplan, Johannes Ronge, ein Sendschreiben an den Bischof Arnoldi, worin dieser in lebhaften, aber ziemlich trivialen Ausdrücken wegen des mit dem heiligen Rock getriebenen „Götzendienstes" als der „Tetzel des 19. Jahrhunderts" streng gegeiselt wurde. Dieses Schreiben konnte bei der herrschenden Stimmung nicht verfehlen, einen weitgehenden Eindruck zu machen; da Ronge sich noch dazu als „katholischer Priester" unterschrieben hatte, so glaubte man, sein Schritt sei das erste Zeichen einer größern Spaltung in der katholischen Kirche selbst. In Breslau
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12 Mittlere Geschichte. 1. Periode. Deutsche.
diesen Gottheiten herrschte auch der Glaube an niedere Geister oder Wesen, welche die Natur belebten. Da bildete sich die Phantasie in dem einsamen, rauschenden Walde die Waldweiber; in der Lust die zarten, leichten Elfen; im Strom und Wasser die Nixen, und in der Tiefe der Berge die Kobolde und Zwerge. Diese Namen sind noch lange nach der Annahme des Christenthums im Volke lebendig geblieben, und hin und her kommt wohl solcher Aberglaube auch heut noch vor. Den Ort, wo nach dem Tode die Tapfern hinkamen, nannten sie Walhalla und schmückten die Vorstellung davon recht kriegerisch aus.
54. Muhamed und seine Religion, 622.
In der großen asiatischen Halbinsel, die Arabien heißt und deren Einwohner theils von ihren Viehheerden, theils vom Handel leben, wurde, etwa 570, Muhamed (richtiger Mohammed) geboren. Sein Vater hieß Abdallah, seine Mutier Emina oder Amöna, sein Geburtsort Mekka. Der Vater starb schon, als der Kleine erst zwei Monate alt war, und hinterließ nichts als fünf Kameele und eine alte Sklavin. Im sechsten Jahre nahm ihn sein alter Großvater Abu el Motalleb, und im neunten sein Oheim Abu-Taleb zu sich; beide hielten ihn zur Thätigkeit an und letzterer nahm ihn mit auf seine Handelsreisen, die er in die Gegend von Damascus zu unternehmen pflegte. Als der Knabe heran wuchs, zog er die Augen Aller durch seine kräftige Gestalt, durch sein edles Gesicht und durch das Feuer, das aus seinen schwarzen Augen strahlte, auf sich. Wenn er mit festem Schritte einherging und den stolzen Nacken zurückwarf, ahnete jeder in ihm den künftigen Herrscher, und öffnete er seinen Mund, den zwei Reihen herrlicher Zähne zierten, so riß er durch seine feurige Beredsamkeit Alles hin. Mehrere Jahre führte er mit großer Thätigkeit und Treue die Handelsgeschäfte einer alten reichen Wittwe, der Chadidfcha, die ihm endlich aus Dankbarkeit ihre Hand gab und ihn dadurch zu einem reichen Kaufmanne machte. In ihren Geschäften hatte er oft weite Reisen gemacht, mit Karavanen ferne Länder durchzogen und die Menschen und ihre Sitten aufmerksam beobachtet. Auch die Lehrsätze der mosaischen und christlichen
selbstverständlich. Dinstag, der Tag des Thus oder Tyr; Donnerstag ist Thonarö-tag und Freitag Freiatag. Mittwoch hieß früher Wodanötag.
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Extrahierte Personennamen: Muhamed_( Mohammed Abdallah
14
Mittlere Geschichte. 1. Periode. Araber.
teten ihm nach dem Leben. Schon waren seine Mörder bestimmt; schon hatten sie, mit Dolchen versehen, sein Haus umgeben; da rettete ihn Ali's Hingebung. Dieser nämlich wickelte sich des Nachts in Muhameds grünen Mantel, und während die Mörder, die zuweilen durchs Fenster sahen, ob Mnhamed noch da sei, sich täuschen ließen, entkam dieser. Er floh nach Medina, einer Stadt, die sich schon früher für seine Lehre entschieden hatte und ihn mit Frohlocken aufnahm. Von nun an nahm seine Macht reißend zu; daher man auch von seiner Flucht den Ansang seiner Religion datirt, und die Muhamedauer von hier an ihre Jahre zählen. Sie fällt ins Jahr 622 und wird im Arabischen Hedschra (Hegira) genannt. Von Medina aus zog nun der neue Prophet mit seinem Haufen in der Gegend umher, raubte und plünderte und theilte die Beute redlich mit seinen Genossen, die nun durch das Band der Liebe und des Vertrauens fest an ihn geknüpft waren. Und wo konnten sie es auch besser haben? Von Natur hat der Araber Hang zum unstäten und zum Räuberleben, und so lange sie unter Muhameds Fahne fochten, fehlte es ihnen an nichts. Endlich war er so stark, daß er seine Feinde in Mekka überfiel, diese damals schon den Arabern heilige Stadt eroberte und Alle, die bisher die Waffen gegen ihn getragen hatten, entweder niederhieb oder sie zwang, zu ihm überzutreten. Während die christliche Religion durch die sanftere Gewalt der Wahrheit sich Eingang verschafft hatte, wurde die muhamedauische durch die Waffen ausgebreitet. Nachdem Muhamed Herr von ganz Arabien war, unternahm er einen Kriegszug nach Syrien, denn sein Fanatismus blickte längst schon über die Grenzen Arabiens hinaus. Den Krieg gegen die Ungläubigen erklärte er für eine heilige Pflicht. An mehrere Herrscher des Auslandes sandte er die Botschaft, daß sie sich zu seiner Religion bekehren sollten; selbst an den damaligen griechischen Kaiser schickte er eine Aufforderung, seine Lehre anzunehmen, erhielt aber eine zwar höfliche, doch ablehnende Antwort. Als Muhamed 632 starb, legte man ihn in einen eisernen Sarg und begrub ihn in Medina, wo man noch den Sarg in einer reich geschmückten Moschee sehen kann. — Das heilige Buch, in welchem Muhameds Lehre verzeichnet ist, heißt der Koran, und enthält viel Gutes, aber auch vielen Aberglauben. Darin aber verdienen die Muhamedauer, die sich selbst Moslemin oder Gläubige nennen, vieles Lob, daß sie ihr heiliges Buch so achten, indem sie es sorgfältig aufheben und ?§ nur mit heiliger Verehrung
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Otto Iii.
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Eine Verirrung müssen wir hier erwähnen, als Warnung gegen Aberglauben. Man glaubte aus einigen falsch verstandenen Stellen der Offenbarung Johannis annehmen zu müssen, daß im Jahre 1000 die Welt untergehen würde. Jesus würde nämlich aus die Erde zurückkehren, die noch lebenden Menschen mit sich nehmen, das allgemeine »Weltgericht halten, und dann würde die Erde untergehen. Die Vernünftigeren durften ihre Zweifel nicht laut werden lassen, um nicht für Irrgläubige gehalten zu werden. Und als sich nun kurz vor dem Jahre 1000 ein Komet sehen ließ, und ein Erdbeben hier und da Verwüstungen anrichtete, war die Sache gar nicht mehr zu bezweifeln. Jeder bereitete sich nun auf die große Erscheinung nach seiner Art vor; manche verjubelten das, was sie hatten, weil sie ja nachher nichts mehr nöthig hätten; andere warfen sich vor den Altären nieder, beichteten und ließen sich Absolution geben, und wer es irgend möglich machen konnte, reiste nach Rom, wo Petrus erscheinen sollte, oder noch lieber nach Jerusalem, um gleich bei der Hand zu sein, wenn hier Jesus aufträte. Selbst Kaiser Otto 111. unternahm eine Wallfahrt nach Gnesen in Polen, zum prachtvollen Grabe des heiligen Adalbert, eines Erzbischofs von Prag, der nicht lange vorder von den heidnischen Preußen, denen er mit unklugem Eifer das Evangelium hatte 'aufzwingen wollen, erschlagen worden war. Jetzt erschien das gefürchtete Jahr, es verging ein Tag nach dem andern, ohne daß die Welt unterging; noch wartete man auf den letzten, und da auch an diesem Alles beim Alten blieb, sah man sich verwundert an, und wußte nicht, ob man sich ärgern oder freuen sollte. Für diesmal hatte sich die fromme Erwartung getäuscht, aber die Ueber-Zeugung blieb, daß die Erfüllung nur aufgeschoben worden fei.*) Vom sächsischen Hause war nur noch ein Sprößling übrig, Heinrich, Herzog von Baiern, ein Urenkel Heinrichs des Voglers. Da er wußte, daß die Fürsten nicht geneigt wären, ihn zu wählen.
*) Von Gnesen reiste Otto nach Aochen. Die Bewunderung Karls des Großen bewog ihn, sich dessen Grab öffnen zu lassen. Die Leiche des großen Kaisers saß aufrecht, wie ein Lebender, auf einem Stuhle. Eine goldene Krone trug er auf dem Haupte, ein Scepter in der Hand. Die Hände waren mit Handschuhen bekleidet, durch welche die Nägel durchgewachsen waren. Kaiser Otto nahm den Leichnam in Augenschein, ließ ihm neue weiße Kleider anlegen und die Nägel abschneiden. Nachdem er einen Zahn aus dem Munde Karls an sich genommen hatte, entfernte er sich und ließ die Gruft wieder schließen. Die Deutschen mißbilligten es, daß der junge Kaiser so die Ruhe Karls gestört habe.
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Extrahierte Personennamen: Otto Johannis Otto Heinrich Heinrich Heinrichs Heinrichs Otto Karls Otto Karls Karls
Extrahierte Ortsnamen: Rom Jerusalem Gnesen Polen Prag Baiern Gnesen Karls Karls Karls
104 Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
griechische Kaiser in Constantinopel bat den Papst Gregor Vii., doch die abendländlichen Fürsten zum Beistände gegen den übermächtigen Feind des christlichen Glaubens aufzufordern; denn die Seldschncken hatten ihm ganz Klein-Asien weggenommen. Aber Gregor hatte damals keine Zeit, viel an die Noth des heiligen Landes zu denken; Heinrich Iv. machte ihm so viel zu schaffen, daß er bald alles Andere darüber vergaß, und so blieb denn der Wunsch, das heilige Grab den Händen der Ungläubigen zu entreißen, ein sogenannter frommer Wunsch.
Darüber starb Gregor. Urban Ii. folgte ihm. Eines Tages (1094) ließ sich bei ihm ein Männchen in einem grauen Pilgerrocke und von sonderbarem Aussehen melden und verlangte durchaus vorgelassen zu werden. Urban ließ ihn eintreten. Es war Peter von Amiens, gewöhnlich Kntten-Peter oder Knkupeter genannt. Der trat vor ihn hin, sagte, er käme unmittelbar aus Jerusalem, und überreichte ihm ein Empfehlungsschreiben vom griechischen Patriarchen daselbst. Dann erzählte er ihm mit funkelnden Augen und einem hinreißenden Feuer der Beredsamkeit von dem unglücklichen Zustande der Christen im heiligen Lande: wie er früherhin ein Einsiedler gewesen; wie es ihm in seiner Zelle zu enge geworden; wie Ihn der Prang, das heilige Grab zu sehen, nach Jerusalem getrieben; wie er dort mit Inbrunst am Grabe des Erlösers gebetet, aber mit herzzerreißendem Jammer den Ueber-muth der Ungläubigen und die Mißhandlungen der armen Christen gesehen habe; und wie endlich der feste Wille in ihm entstanden sei, zurückzugehen nach Europa und alle Völker und ihre Fürsten aufzufordern, daß sie das Grab des Heilandes von der Schmach befreiten, von den Ungläubigen entehrt zu werden. Urban hörte mit Erstaunen den flammenden Worten des Feuerkopfes zu und erkannte bald, daß das der rechte Mann sei, um die Völker zu einem solchen Zuge nach Jerusalem aufzuregen. Er sah ihn freund* lich an, befahl ihm, Italien und Frankreich zu durchziehen und die Gemüther auf einey solchen Zug vorzubereiten; er selbst würde dann schon das Uebrige thun.
Kukupeter bestieg seinen bescheidenen Esel und reiste damit durch Italien und Frankreich. Von allen Seiten strömten die Leute herbei, wenn sie seinen sonderbaren Auszug sahen. Wirklich hatte man einen so seltsamen Mann noch nicht gesehen. Auf einem kleinen Esel.saß ein kleines, halbvertrocknetes Männchen, welches fast nur aus Haut und Knochen bestand, obgleich erst 41 Jahre
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102
Mittlere Geschichte. 3. Periode. Kreuzzüge.
aber nur gemalte doch keine geschnitzte, ausgehauene oder gegossene u. s. w. Die griechische Kirche nimmt wie die katholische sieben Sacramente an, betrachtet aber die Ehe nicht als unauflöslich, ertheilt auch die heilige Oelung nicht blos Sterbenden, sondern auch andern Kranken, und verwirft das Fegefeuer, den Ablaß, die überverdienstlichen Werke. Zwar rufen ihre Bekenner, wie die Katholiken, die Maria als „Mutter Gottes" und die Heiligen an, fasten und bekreuzigen sich, verehren auch die Reliquien und Gräber der Heiligen; aber sie erkennen keinen Stellvertreter Jesu an. Doch dies nur beiläufig. — Der Haß zwischen beiden Parteien, die sich als Mitchristen und Brüder hätten lieben sollen, wurde seit dem 11. Jahrhundert immer größer und größer, so daß alle Versuche, sie wieder zu vereinigen, vergebens gewesen und sie bis auf den heutigen Tag getrennt find.*)
Dieser unglückliche Zwiespalt herrschte selbst in Jerusalem und hier, wo der gemeinschaftlich verehrte Heiland gewandelt und so oft gelehrt hatte: „Selig sind die Friedfertigen, denn sie werden Gottes Kinder heißen" — thaten die Griechen den Lateinern (so nannte man die Anhänger des Papstes) und diese wieder den Griechen alles mögliche Herzeleid an. Und dieser gegenseitige Haß flammte um so heftiger auf, je milder die Herren des Landes, die, Araber, gegen die Christen waren. Zu manchen Zeiten wurde den Pilgrimen nichts in den Weg gefegt; ja manche Khalifen sahen es sehr gern, wenn recht viele Pilger hinkamen; denn durch sie wurde Handel und Wandel befördert und viel Geld ins Land gebracht. Sie bekamen ein eigenes Stadtviertel eingeräumt und ein Kloster wurde hier nach dem andern aufgebaut. Mitunter ging es ihnen aber freilich auch recht schlimm, und besonders wurde ihnen im 11. Jahrhundert-das Pilgern'sauer genug gemacht. Doch statt sich dadurch abschrecken zu lassen, wurden durch die damit verknüpften Gefahren die Wallfahrten nach Jerusalem nur noch häufiger, und alle Straßen, die nach dem heiligen Lande führten, alle Seehäfen, wo man sich dahin einschiffen konnte, wimmelten von Pilgern. Selbst die vornehmsten Männer, sogar Frauen, verschmähten nicht, den weiten Weg zu unternehmen, sowie denn ein Herzog von der Normandie, Robert, Wilhelms des Eroberers Vater, gar barfuß
*) Ein socher Versuch wurde im 15. Jahrhundert gemacht, als die Türken das griechische Reich bedrängten und die Hülfe des Abendlandes Noth that. Aber die mühsam bewirkte Einigung ist nicht zur Ausübung gekommen.
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Extrahierte Personennamen: Maria Maria Robert Wilhelms